Meine Wertung: 9 von 10

Michigan und Illinois bleiben wahrscheinlich immer die beiden Alben, an denen Sufjan Stevens gemessen wird. Als er damals ankündigte für jeden der 50 Bundesstaaten der USA ein Album zu schreiben, war die Bewunderung groß. Natürlich war das nur so dahin gesagt. Es blieb bei zwei Platten … Wichtigtuerei? Eher einfach nur Marketing, obwohl der Mann keinen Trubel um seine Person mag … angeblich.

Jedenfalls waren die beiden oben genannten Platten die bis dato eingängigste Musik, die der Ausnahmemusiker veröffentlicht hat und jeder findet die Alben irgendwie gut. Sein Debütalbum A Sun Came war noch ein Mix aus allem Möglichen. Wenig später hat er angefangen einen Computer zum Recorden und Mixen zu benutzen und das hört man sofort auf dem zweiten Album Enjoy Your Rabbit, ein skurriles hauptsächlich elektronisches Instrumentalalbum über die Tiere der chinesischen Astrologie (wtf?!)

Nach Illinois 2005 war dann etwas Ruhe. Es gab noch einen Soundtrack und eine tolle Sammlung mit Weihnachtsliedern. Stevens spielte sogar mit dem Gedanken keine Alben mehr zu veröffentlichen und die Musik an den Nagel zu hängen. Dann 2010 ein Lebenszeichen, eine EP, die viel zu lang war. Die Musik war komplexer, epischer. Das Album The Age of Adz wurde hiermit angekündigt und kam dann im selben Jahr, knapp zwei Monate später – um genau zu sein.

Ein Doppelalbum, war klar. Der erste Track klingt gewohnt nach Stevens. Ruhige Gitarre, wunderbare Melodie, der Text wie immer melancholisch ins Mikrofon gehaucht … er ist wieder da! Dann der zweite Track, Too Much. Elektronisch wie zuletzt 2001 (Enjoy Your Rabbit), aber anders, eingängiger, aufgeregter. Die EP kurz zuvor hat genau das angekündigt. Sufjan Stevens hat sich weiter entwickelt und seine Musik ist nun nicht nur Singer / Songwriter Zeugs, sondern enthält viele neue Elemente. Wirkt größer, epischer, elektronischer aber bleibt trotzdem eingängig.

An manchen Stellen mag das vielleicht etwas drüber klingen, aber das ist gewollt und Stevens weiß, was er tut. Aber die Fans waren damals zwiegespalten, die einen schrieen „Genial!“, während die anderen „Nervig!“ brüllten.

In einem Interview vom Oktober 2010 hat Stevens gesagt, dass dies ein schweres Jahr für ihn war. Er hatte irgendeinen Virus, der sein Nervensystem angegriffen hat. Er hatte Schmerzen und konnte gar nicht arbeiten. Er musste sich erstmal um seinen Körper kümmern und wieder auf die Beine kommen.

Somit ist The Age Of Adz ein Album, dass diesen Prozess des Gesundwerdens begleitet hat und man kann es aus den Lyrics herauslesen:

Improving all the time, I am
Improving as I kiss the hem
I promise I won’t be a trouble at all
For I’m okay, I’m in the red
Impressions of the unmade bed
You cradled close to me, close to my ear

… schreibt er in All For Myself.

Das Album schließt mit dem 25-minütigen Opus Impossible Soul. Und allein dieses Werk hat mehr Gehalt als viele komplette Indiealben anderer Musiker. Am Ende des Songs und des Albums steht Stevens wieder alleine da, begleitet von seinem Banjo.

Entweder mag man The Age Of Adz oder man mag es nicht. Man muss aber anerkennen, das Stevens ein besonderer Musiker ist und diese Platte ein besonderes Album. Ich erkenne das an und ich mag diese Scheibe sehr.