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Die Idee des Digitalen Gartens…

Egal, ob man es Digital Garden, Wiki, Notes oder Knowledge Base nennt. Es geht darum sein Wissen, seine Interessen und Notizen auf seiner eigenen Website darzustellen. Es gibt ganze Essays, die haarklein auseinander nehmen, was ein Digitaler Garten ist, wie er auszusehen hat und wo der Begriff herkommt. Wen das alles interessiert, den würde ich an dieser Stelle auf diesen Artikel hinweisen.

Aber im Grunde ist es ganz einfach: Die Idee ist, wieder weg zu gehen vom Stream, vom linearen Aneinanderreihen von Beiträgen, wie wir es in einer Timeline in gängigen Sozialen Netzwerken sehen oder auch in Blogs. Inhalte sollten thematisch sortiert sein, topologisch in einem Raum dargestellt werden und nicht in einer Kette.

Vor den 2000er Jahren, bevor Blogs etabliert waren – war das ganz normal. Man sieht es auch jetzt noch in Wikis, aber meistens werden nun einmal Blogs benutzt oder andere Streams. Ich selber schreibe hier auch in einem Blog und ich mag das Format. Allerdings habe ich schon oft Ideen gehabt für Tutorials, die sich über mehrere Artikel erstrecken, für Notizen, Quellcode Snippets, die man thematisch sortiert darstellen will. Dafür ist ein Blog mit seiner rückwärts chronologischen Anordnung weniger geeignet. Natürlich gibt es die Suche, aber es geht auch einfacher.

Auch wenn ich eine strikte Einordnung irgendwelcher Ideen meistens blöd finde, will ich an dieser Stelle mal die wichtigsten Merkmale eines Digitalen Gartens aufzählen. Diese Merkmale habe ich mir nicht ausgedacht. Und ob man nun unbedingt ein Label wie den Digitalen Garten für dieses eigentlich selbsterklärende Konzept benötigt, sei mal dahingestellt… Maggie Appleton hat auf ihrer Website einmal zusammengefasst, was einen Digitalen Garten denn nun ausmacht:

1. Thematische Anordnung anstatt linearer Timelines

Wie ich weiter oben schon erwähnt habe, geht es darum Themen so anzuordnen und zu verlinken, dass das Ganze einen Sinn ergibt. In einem Digitalen Garten ist das Datum der Erstellung eines Beitrags nicht das wichtigste Kriterium und schon gar kein Kriterium der Sortierung. Natürlich kann man ein Datum anfügen, dies ist aber irrelevant für die Struktur.

2. Kontinuierlicher Wachstum

Die Bezeichnung Garten macht einen Sinn. Es geht hier nicht darum, perfekt gestylte und endgültig abgeschlossene Blogbeiträge zu schreiben. Beiträge eines Digitalen Gartens sind in der Regel immer Works in Progress. Sie sind nicht abgeschlossen, zumindest nicht sofort.

In den letzten Jahren wurden Blogbeiträge meistens erst veröffentlicht, wenn sie fertig geschrieben wurden, überarbeitet, verbessert, suchmaschenoptimiert, … Darum geht es in einem Digitalen Garten nicht. Man beginnt mit einer Idee, einer Notiz … Nach und nach werden Details hinzugefügt, Erlerntes ergänzt und neue Einsichten angeführt. Die Themen und Beiträge eines Digitalen Gartens wachsen mit der Zeit.

Die Vorteile:

  • Man befreit sich von dem Druck, gleich alles richtig zu machen. Man kann sich an ein Thema rantasten, auf die Meinung anderer reagieren, Erlerntes ergänzen
  • Der Einstieg für etwas Neues wird erleichtert, weil man eventuell jeden Tag ein bisschen schreibt und nicht von Anfang an einen kompletten Beitrag.
  • Der Leser sieht, wie sich etwas aufbaut. Man sieht, dass hinter dem ganzen ein Mensch steckt, der lernt und langsam etwas entwickelt und kein Magier, der mit einem Schlag einen perfekten Artikel schreibt.

3. Öffentliches Lernen

Digitale Gärten sind nicht perfekt. Man versteckt seine Fehler nicht und gibt auch nicht vor immer alles zu wissen. Es mag sich zwar seltsam anfühlen, wenn man etwas Unfertiges und Rohes gleich veröffentlicht, weil sich in den letzten Jahren das Blogging zu einem Mittel etabliert hat, die eigene MarkeTM zu präsentieren … Bullshit!

Skurrile persönliche Webseiten Ende der 90er sind zu perfekt gestylten Blogs mit Logo, Strategien zu Veröffentlichungen und Medienstrategien geworden. Die Idee des Öffentlichen Lernens erlaubt es einem, Dinge zu veröffentlichen während man sie lernt und nicht erst später, wenn man alles perfekt ausgearbeitet hat.

Viele Digitale Gärten nutzen aus diesem Grund verschiedene Tags, um anzuzeigen, dass es sich bei einem Beitrag noch um eine frische Idee handelt oder ob er schon erweitert wurde, etc…

4. Verspielt, Persönlich und Experimentell

Jeder legt seinen Garten so an, wie er will. Kein Garten ist gleich. Jeder wählt seine eigenen Themen aus und jeder lässt seinen Garten so aussehen, wie es ihm beliebt. Genau das ist der Punkt: Digitale Gärten sind persönlich, es gibt kein Standard-Template.

Das beinhaltet auch das Experimentieren mit den Sprachen des Webs (HTML, CSS, JavaScript). Diese Werkzeuge sind robust und flexibel und laden gerade dazu ein, mit ihnen zu experimentieren.

5. Diversität von Inhalten

Ein Digitaler Garten ist nicht auf eine Form der Darstellung beschränkt. Ein Buch beispielsweise sind Wörter, Sätze und Kapitel, die man linear liest. Das funktioniert gut und hat auch schon viele Jahre gut funktioniert. Ein Buch hat natürlich auch wirkliche Vorteile.

Aber das Netz ist multimedial und ein Digitaler Garten sollte diese Möglichkeiten nutzen und die Inhalte mit Texten, Bilder, Videos, Audio, Code Snippets, etc… mischen.

6. Unabhängigkeit

Mit dem Digitalen Garten, wie auch mit einem Blog oder einer persönlichen Website – egal in welcher Form, hat man seinen kleinen Platz im Web. Diesen Platz kann man nutzen, wie man will.

Netzwerke, wie Facebook / Instagram, Twitter, Medium oder LinkedIn haben natürlich den Vorteil, dass man sehr komfortabel und ohne irgendwelche Hürden publizieren kann. Aber es fehlt die Kontrolle. Das Ziel solcher Netzwerke ist auch nicht das Wissen der User zu erweitern, eher im Gegenteil.

Wenn diese Netzwerke ihre Pforten schließen und aus dem Netz verschwinden, dann sind auch die eigenen Inhalte weg. Natürlich kann man seine Daten irgendwie exportieren, aber das ist alles nicht so einfach und man sitzt dann auf einem Haufen roher Daten.

Der eigene Digitale Garten auf der eigenen Webspace bietet so viel mehr Möglichkeiten der Darstellung, Sortierung und Veröffentlichung. HTML, CSS und JavaScript sind die Sprachen des Webs und diese werden sicherlich nicht so einfach verschwinden.

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  1. Martin

    Danke, das war ein schöner Impuls. Danke auch an Elon, dass er den Feediverse/Mastodon durch die Zerstörung von Twitter neuen drive gegeben hat. Und danke an Mark, dass er die walled gardens Insta/FB so dicht gemacht hat. Es lebe das persönliche Blog!

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